Ratgeber Schlaf
 

Wie wirkt sich Schlaf auf unseren Körper aus?

Schlaf wird oftmals als reine Ruhephase betrachtet, in der unser Körper einfach abschaltet. Doch tatsächlich ist Schlaf viel mehr als das. Während wir schlafen, erledigt unser Körper eine ganze Reihe komplexer Aufgaben. Es ist die Zeit des Tages, in der er sich regeneriert und neue Energie für den kommenden Tag sammelt. Wir schlafen, damit wir uns erholen können und der Geist das Erlebte des Tages verarbeiten kann. Doch was genau leistet unser Körper, während wir in Ruhe schlummern?

Der Schlaf und unser Gehirn

Das Gehirn als unsere komplexe Steuerzentrale, profitiert in vielerlei Hinsicht von gutem Schlaf. Unser Körper schaltet im Schlaf sozusagen in den „Standby-Modus", erholt und regeneriert sich. Ein Teil von uns schläft allerdings nie: unser Gehirn. Nachts ist es aktiv und wertet das Erlebte des vergangenen Tages aus. Wichtige Geschehnisse, Informationen und Sinneseindrücke werden in bereits bestehende Kategorien sortiert.

Schon gewusst?

Inhalte, die man sich kurz vor dem Einschlafen einprägt, werden besonders gut verarbeitet. Wenn wir Informationen in unserem Langzeitgedächtnis speichern möchten, müssen sie vom Hippocampus in die Großhirnrinde gelangen. Dieser Prozess findet während des Schlafens statt.*1

Unwichtiges wird gelöscht. Im wachen Zustand kann unser Gehirn diese Arbeit nicht leisten, da wir ansonsten die Informationen, die wir tagsüber aufnehmen, nicht registrieren könnten. Die Verarbeitung dieser Reize würde durcheinandergeraten, was Halluzinationen zur Folge haben könnte.

Gleichzeitig erfolgt während des Schlafs eine Art „Reinigung" unseres Gehirns. Während das Gehirn tagsüber sehr aktiv ist, verbraucht es viel Energie. Dabei entstehen schädliche Stoffwechselprodukte, die abgebaut werden müssen, um eine Schädigung des Gehirns zu vermeiden. Dieser Prozess wird als Glymphatisches System bezeichnet und befreit das Gehirn von Toxinen und Abfallstoffen. Während wir schlafen findet also eine Art „Detox", eine natürliche Entgiftung, unseres Gehirns statt.

Erhält unser Gehirn ausreichend guten Schlaf, verbessern sich unsere kognitiven Fähigkeiten, unsere Aufmerksamkeitsspanne sowie unsere Problemlösungs- und Reaktionsfähigkeit. Wir fühlen uns mental ausgeglichener und sind belastbarer. Wenn wir jedoch regelmäßig unter Schlafmangel oder Schlafproblemen leiden, können sich Gedächtnisprobleme sowie Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen einstellen. Wir werden launischer und leicht reizbar. Langfristig besteht ein erhöhtes Risiko für neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.

Der Schlaf und unsere Hormone

Schlaf und unsere Hormone stehen in einer engen Wechselwirkung zueinander. Zum einen wird unser Hormonhaushalt von unserem Schlaf beeinflusst. Während wir schlafen, produziert und reguliert unser Körper verschiedene Hormone, die eine Vielzahl wichtiger Körperfunktionen übernehmen. Gleichzeitig beeinflussen auch unsere Hormone die Qualität unseres Schlafs.

Zwei Hormone, die einen besonderen Einfluss auf unseren Schlaf-Wach-Rhythmus besitzen, sind Melatonin und Serotonin. Melatonin wird als Schlafhormon bezeichnet und prägt die Qualität unseres Schlafs. Es macht uns müde und fördert das Einschlafen. Die Zirbeldrüse unseres Gehirns schüttet das Hormon vor allem bei Dunkelheit aus. Je länger es dunkel ist, desto mehr Melatonin wird produziert.

Serotonin gilt als Glückshormon, macht uns wach und wirkt stimmungsaufhellend. Gleichzeitig hat es eine beruhigende und entspannende Wirkung. Während der besonders erholsamen Tiefschlafphase, bildet unser Körper vermehrt Serotonin. Da ein Schlafmangel oft zu Lasten der Tiefschlafphase fällt, sinkt bei Schlafentzug auch der Serotoninspiegel ab.*2
Die beiden Hormone Melatonin und Serotonin stehen in einer engen Abhängigkeit zueinander und sind keinesfalls nur Gegenspieler. Melatonin wird in der Zirbeldrüse nämlich zu großen Teilen aus Serotonin gebildet. Wird die Hormonbalance zwischen Melatonin und Serotonin gestört, können Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Energie- und Antriebslosigkeit bis hin zu Depressionen die Folge sein.

Der Einfluss von Schlaf auf unseren Körper

Zudem produziert unser Körper während des Schlafs das Wachstumshormon Somatropin, das körperliche Regenerationsprozesse in Gang setzt. Gleichzeitig unterstützt es auch die Wundheilung. Geschädigtes Gewebe erholt sich so nachts schneller. Somatropin begünstigt nicht nur das Wachstum bei Kindern, sondern stimuliert auch den Muskelaufbau bei Erwachsenen. Auch wer abnehmen möchte, profitiert von der positiven Wirkung des Wachstumshormons. Denn Somatropin lässt Fettzellen schmelzen. Wie Serotonin wird auch Somatropin vermehrt während des Tiefschlafs gebildet.

Für die Elastizität und das jugendliche Erscheinungsbild unserer Haut ist Kollagen verantwortlich, was vornehmlich unter dem Einfluss von Wachstumshormonen gebildet wird. Es mildert Fältchen und festigt neben unserem Bindegewebe auch Knochen und Sehnen. Der sagenumwobene Schönheitsschlaf ist also nicht nur ein Mythos, sondern wissenschaftlich erklärbar.

Zwei weitere Hormone, die sich indirekt auf unseren Schlaf auswirken, sind Leptin und Ghrelin. Sie steuern unser Hunger- und Sättigungsgefühl. Das Sättigungshormon Leptin lässt uns 8 Stunden und länger ohne Essen aushalten. Sobald wir wieder wach sind, übernimmt das Hungerhormon Ghrelin, das unserem Gehirn Hunger signalisiert. Bei chronischen Schlafstörungen wird das Gleichgewicht dieser beiden gegenspielenden Hormone oft gestört, was zu Übergewicht führen kann. So kommt es,
dass wir bei Schlafstörungen Hunger verspüren, obwohl wir eigentlich gesättigt sind. Menschen, die auf ihr Gewicht achten, sollten daher auch auf ausreichend erholsamen Schlaf Wert legen.

Morgens, mit zunehmendem Tageslicht, nimmt die Ausschüttung des Melatonins ab und wird von Cortisol abgelöst. Das Stresshormon lässt uns munter werden und hilft uns fit in den Tag zu starten. Am höchsten ist der Cortisolspiegel in den frühen Morgenstunden, zwischen 7 und 8 Uhr.*3 Auch unsere Körpertemperatur, die nachts absinkt, steigt in der Früh wieder an.
Gleichzeitig gehen Blutdruck, Herzschlag und Atmung wieder nach oben und bringen unseren Körper in Schwung.

Erhalten wir nicht genügend Schlaf, kann die Hormonbalance leicht gestört werden, was unter Anderem zu depressiven Verstimmungen, vermehrtem Stress und einem erhöhten Risiko für hormonelle Erkrankungen führen kann.

Der Schlaf und unser Immunsystem

Unser Immunsystem ist ein weiterer Bereich, der von ausreichend gutem Schlaf profitiert. Im Schlaf läuft unser Immunsystem nämlich zu Hochtouren auf. Diverse wissenschaftliche Untersuchungen belegen den positiven Effekt einer erholsamen Nachtruhe für unsere Immunabwehr.

Eine medizinische Studie konnte beispielweise nachweisen, dass die Immunfunktion der körpereigenen T-Zellen durch Schlafentzug eingeschränkt wird.*4

T-Zellen spielen eine wichtige Rolle für unser Immunsystem, da sie Krankheitserreger abtöten und gleichzeitig die Immunabwehr regulieren. Bereits nach einem Schlafentzug von 3 Stunden war die Adhäsion der T-Zellen, also die Fähigkeit sich an erkrankte Zellen anzudocken und diese abzutöten, nachweislich reduziert.

Der Einfluss von Schlaf auf unseren Körper

In einer weiteren klinischen Studie*5 wurden 164 Probanden Schnupfenviren per Nasenspray verabreicht. Auch die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen, dass eine kürzere Schlafdauer mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Erkältung verbunden ist. Insbesondere bei den Personen, die weniger als 5h pro Nacht schliefen, stieg das Risiko an. Fast die Hälfte der Kurzschläfer erkrankte. Wer mehr als 7 Stunden geschlafen hatte, blieb mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 80 % gesund.

Das allgemein bekannte „Schlaf' dich gesund" ist also viele mehr als eine gutgemeinte Floskel. Wer zu wenig schläft, schwächt seine Abwehrkräfte, wodurch das Risiko für Infektionen, Entzündungen und chronische Erkrankungen steigt. Wann unser Immunsystem eine Extraportion Schlaf und Ruhe benötigt, signalisiert uns unser Körper oftmals ganz von selbst. Sobald wir einen Infekt verspüren, fühlen wir uns müder als sonst und haben ein erhöhtes Schlafbedürfnis.

Der Schlaf und unser Stoffwechsel

Unser Schlaf reguliert zusätzlich den Stoffwechsel aller Produkte, die wir tagsüber zu uns genommen haben. Wer zu wenig schläft läuft Gefahr, dass der Körper den Stoffwechsel nicht vollständig vollziehen kann. Studien zufolge können Diabetes Typ II und Adipositas die Folge sein.*6 Ein Grund dafür ist offenbar eine gehemmte Insulinausschüttung, was eine Insulinresistenz begünstigen kann. Auch der hormonelle Gegenspieler, das Glucagon, welcher den Blutzuckerspiegel wieder ansteigen lässt, wird in geringerer Menge abgesondert.

Einer Studie zufolge erhöht sich das Diabetes Typ II Risiko bei einer Schlafdauer von weniger als fünf Stunden langfristig ebenso, wie bei mehr als neun Stunden Schlaf pro Nacht.*7

Eine weitere Untersuchung hat gezeigt, dass eine Gewichtszunahme bereits nach 5 Nächten mit jeweils nur 4 Stunden Schlaf erfolgen kann.*8 Als mögliche Gründe nannten die Forscher neben einer Umstellung des Stoffwechsels, einen durch Schlafmangel bedingten erhöhten Appetit.

Wieso verändert sich mein Schlafverhalten mit dem Alter?

Viele Menschen stellen im Verlauf ihres Lebens fest, dass sich ihr Schlafverhalten verändert. Dies ist eine ganz natürliche Entwicklung und hängt sowohl vom Alter, als auch von den Lebensphasen eines Menschen ab. Als Baby schlafen wir noch zwischen 16 und 24 Stunden am Tag. Teenager um die 14 schlafen im Schnitt 8-9 Stunden, während 70-jährige nur noch 6-7 Stunden im Bett verbringen.

Dabei nimmt zumeist der Anteil an REM-Schlaf, also Traumschlaf ab. Dies liegt u.a. daran, dass wir mit zunehmendem Alter nicht mehr so viele Neuerungen im Leben zu verarbeiten haben, die sich in unseren Träumen widerspiegeln würden.


*1 https://uni-tuebingen.de/newsfullview-landingpage/article/schlaf-macht-den-hippocampus-frei-fuer-neue-gedaechtnisinhalte/

*2 https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/aerzte/m%C3%BCnchen-neuhausen/willi/stressmedizin.html#:~:text=Serotonin%20wird%20im%20Tiefschlaf%20gebildet,so%20unter%20Stress%20fortlaufend%20abfallen.
*3 https://neurolab.eu/wissen/hormone/cortisol/
*4 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3256323/
*5 https://academic.oup.com/sleep/article/38/9/1353/2417971?login=false
*6 https://www.aerzteblatt.de/archiv/200872/Epidemiologie-Warum-Schlafmangel-dick-macht
*7 https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-172011/schlechter-schlaf-stoert-den-stoffwechsel/
*8 https://www.aerzteblatt.de/archiv/200872/Epidemiologie-Warum-Schlafmangel-dick-macht


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